Eisenstadt, Roter Salon
Bei der Nachwebung des Wandspannstoffes des Roten Salons im Schloss Esterházy war besonders exakte Arbeit gefordert, da alte und neue Ware nebeneinander verarbeitet wurden.
Die historischen Seidentapeten wurden restauriert und mit unserer Nachwebung kombiniert. Eigens von uns angefertigte Vorhänge mit harmonierendem Futter im selben Dessin ergänzen den Salon.
Webtechnik: Brocatelle über zwei Latz
Bizarres Blumen-Blätterarrangement aus einem Bund entspringend, in
einfacher Reihung ohne seitlichen Anschluss, 2. Teil auf den ersten
gesetzt und in y gespiegelt „stra sempi leviert“
Bahnbreite (= Rapport in x)
56,7 cm
Rapporthöhe (= Rapport in y)
2x 118 cm
Brocatelle ist ein gemustertes Gewebe; der eine Effekt ist Kettatlas, der zweite Effekt wird durch den Musterschuss, der durch die Bindekette in Leinwand oder Köperbindung abgebunden ist, gebildet. Der Wandspannstoff im Roten Salon des Schloss Esterházy ist auf zwei Ketten mit einem Verhältnis von mehreren Atlasfäden zu einem Bindekettfaden aufgebaut.
Der beige Grundschuss aus Leinen arbeitet mit der beigen Atlaskette durchgehend in Atlas, der rote Musterschuss bindet hier im Untergrund. Der Musterschuss wird auf der rechten Warenseite durch die rote Bindekette in Leinwandbindung abgebunden.
Zeitlich ist der Stoff wohl in das erste Viertel des 18. Jahrhunderts einzuordnen.
Indizien dafür sind in erster Linie das Dessin und die Webtechnik. Weiters der trotz des hohen Alters gute Erhaltungszustand, was auf die Verwendung von nicht erschwerter Seide schließen lässt. Spätere Seidenstoffe zeigen eine sehr hohe Brüchigkeit durch die bei der Erschwerung erfolgte Einlagerung von Metallsalzen.
Die vielen unregelmäßig verteilten Webfehler lassen auf die Verwendung eines Zugstuhles schließen, dieser war lange vor der Einführung der Jacquardmaschine (ab 1805) in Gebrauch.
Gerade die Muster des 18. Jahrhunderts lassen sich nicht so wie die früheren zu einem einzigen Standard zusammenfassen. In späterer Zeit dürfte Brocatelle aufgrund der Steifigkeit wegen des Leinenanteiles nicht mehr dem Geschmack entsprochen haben. Bis in die Zeit des Historismus finden wir trotzdem immer wieder diese Webtechnik, vornehmlich als Wandspannstoff. – Beispielsweise im Schloss Anif bei Salzburg.